Bioland hat als einziger Verband Richtlinien zum Tierwohl bei Bienen verabschiedet.
In der Welt-Imkerei wird die Diskussion zum Wert diverser Betriebsweisen (Bienenhaltungsformen) primär von der Frage der Honigmaximierung bestimmt. Das Tierwohl, also der würdevolle Umgang mit Bienen, gerät dabei ins Hintertreffen. Konkrete Vorgaben zum Tierwohl bei Bienen sucht man meist vergeblich. Seit 2010 beschäftigen sich Imker im Bioland Verband damit, solche nutztierethischen Regeln zu entwickeln. Schon seit langer Zeit gibt es bei Bioland eine Kontrolle des Tierwohls bei Rindern, Geflügel, Schweinen, Ziegen und Schafen.
Nach fast 10 Jahren lebhafter und teils auch kontroverser Diskussion hat der Bundesfachausschuss Imkerei, mit den zuständigen Gremien zur Tierhaltung bei Bioland, Kontrollpunkte für einen rücksichtsvollen Umgang mit Bienen vorgelegt.
Welche Bereich werden beim Tierwohl bei Bienen geregelt?
- Die ausreichende Futterversorgung mit Nektar und Pollen in jedem Zeitpunkt zu gewährleisten. Ziel ist es die Ernährung auch bei schelchten Witterungsverhältnissen sicher zu stellen. Das schränkt manipulative Betriebsweisen durch Entnahme von Pollenvorräten und übermäßige Honigentnahme ein.
- Kontrolle des Standortes der Bienenvölker auf gesunde Umgebungsbedingunen hin
- Ordnungsgemäßer Zustand von Bienenwohnungen und Sauberkeit der der Waben und des Winterfutters. So dürfen sich auch keine verschimmelten Waben im Volk befinden.
- Kontrolle auf umsichtigen Umgang mit den Bienen. Vermeidung von gequetschten Bienen beim Arbeiten an den Bienenvölkern.
- Wird mit den Bienen gewandert so müssen die Bienenwohnungen (Beuten) und Transporter dafür geeignet sein und das Verladen und der Transport so gestaltet sein, dass keine Bienen zu Schaden kommen.
- Beim Verbringen der Honigwaben in den Schleuderraum dürfen nur vereinzelt Bienen in den Schleuderraum verbracht werden. Die Bienen dürfen bei der Honigernte nicht geschädigt werden.
- Der Gesundheitszustand der Bienenvölker muss dokumentiert werden. Erkrankte Bienenvölker müssen identifiziert und entsprechend behandelt werden. Die Bienenvölker müssen „intakt“ sein.
- Bienenvölker dürfen zum Zweck einer optimierten Honigernte nicht verschlissen werden.
- Die Winterverluste müssen gering sein.
Diese Kontrollpunkte werden in der Praxis von unabhängigen Kontrolleuren vor Ort überprüft.
Was heisst das in unserer Imkerei?
Unser Ideal-Ziel ist die immer wiederkehrende gesunde Überwinterung und Auswinterung eines jeden Bienenvolkes, da ein Bienenvolk im Grunde unsterblich ist. Krankheiten, Weisellosigkeit, Wetter und Umwelteinflüsse können dem im Wege stehen. Allerdings haben wir als Imker durch die gewählte Betriebsweise, also den Umgang mit den Bienen, einen erheblichen Einfluss auf das Tierwohl.
Wie arbeiten wir konkret an den Bienen?
Wir nehmen den Tod des Bienenvolkes nicht billigend in Kauf.
Das ist eine durchaus verbreitet Arbeitsweise um z.B. einen maximalen Honigertrag zu erzielen. Für vollkommen abstrus halten wir die Aussage, dass ein geplanter Totalverlust der Bienenvölker, also eine Betriebsweise, die 100% Bienen in 100% Honig konvertiert, die ökologischte ist. Das ist mit dem Tierwohl nicht vereinbar. Wir nehmen Bienenvölker vorzeitig aus der Ernte und verzichten auf mehr Honigertrag, wenn die Gefahr besteht, dass sie Schaden nehmen würden.
Für uns ist es essentiell, Bienen ausreichend und frühzeitig vor tödlichen Parasiten (Varroa). Da muss auch jede Urlaubsplanung zurückstehen.
Wir beseitigen keine Bienenvölker am Jahresende um immer mit neuen Bienenvölkern zu arbeiten.
Von daher lehnen eine Arbeitsweise ab, bei der für das kommende Jahr fast ausschließlich auf junge Völker gesetzt wird. Das würde das Tierwohl der Bienen mit Füssen treten. Unser Ziel ist dagegen eine Verjüngung des Bestandes durch Ausgleich von (leider) unvermeidbaren Verlusten und schwächelnden Völkern. Dies jedoch nicht mit mehr als 25% Jungvölkern gemessen am Bestand bei Beginn des Winters. Das reicht unseres Erachtens aus, um den Bestand züchterisch weiter zu entwickeln und vitale Bienenvölker zu haben. In der Landwirtschaft nennt man das die Remontierungsrate. Wir arbeiten daran, wie in anderen ökologischen Tierhaltungsbereichen auch, diese möglichst weiter zu reduzieren.
Wir töten nicht systematisch nach 1-2 Jahren Bienenköniginnen.
Deswegen lehnen wir es ab alle Bienenköniginnen jedes Jahr durch ganz junge zu ersetzen. Wir sind überzeugt, dass man den Zustand jedes einzelnen Volkes beurteilen muss, um einen solchen gravierenden Eingriff (die Tötung einer Königin) zu rechtfertigen. Dies setzt detaillierte Aufzeichnungen über jedes einzelne Volk voraus. Die Annahme, dass nur junge Königinnen starke Völker führen können, halten wir für Quatsch. Dazu gibt es genügend Aufzeichnungen die zeigen, dass auch ältere Königinnen jungen 1-jährigen Königinnen den Rang ablaufen können. Unser Ziel bei diesem Punkt zum Tierwohl ist es, den Bienen die eventuell notwendige Erneuerung der Königinnen zu überlassen und greifen nur dann ein, wenn wir bemerken, dass eine Königin kein starkes Volk mehr aufrechterhalten kann und ein Bienenvolk die Erneuerung der Königin nicht aus eigener Kraft schafft. Da wir während der Schwarmperiode unter Umständen die vom Bienenvolk gewollte Erneuerung der Königin behindern, machen wir den Bienen danach nochmal ein Angebot, ob sie ihre Königin aus eigenem Willen erneuern wollen.
Wir arbeiten sehr umsichtig und langsam um möglichst keine Bienen zu zergequetschen oder zu verletzen.
Das Tierwohl zu respektieren heisst bewusst langsam zu arbeiten und kritische Bereiche bienenfrei zu machen, um möglichst keine Bienen zu quetschen. Das bedeutet einen höheren Zeitaufwand und führt aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu Einbußen. Diese Rücksicht ist aber dem Respekt vor dem Einzellebewesen geschuldet.
Wir wandern mit Bienen so, dass keine Bienenverluste und tote Bienen bei der Wanderung zu erwarten sind.
Tierwohl heisst auch die Wanderung mit Bienen so zu gestalten, dass die Bienen nicht Stress ausgesetzt werden. Ansonsten kann das auch zum Tod von Bienenvölkern führen. Wir wandern nur während der Nacht mit den Bienen, da diese dann entspannt und ruhig sind. Am frühen Morgen werden die Bienen wieder am Zielort aufgestellt. Das ist schonend für die Bienen, aber anstrengend für den Imker.
Wir lehnen Maßnahmen ab bei denen die Integrität des Bienenvolkes, also die gewachsene Volkszusammengehörigkeit, und der eigene Entwicklungsplan des Bienenvolkes ge- oder zerstört wird.
Aus Gründen des Tierwohls lehnen wir es ab Bienenvölker am Ende der Saison Wabe für Wabe auseinanderzunehmen und willkürlich aus den Einzelteilen verschiedener Bienenvölker wieder zusammenzusetzen.
(Ein Negativbeispiel sieht man sehr schön im Film „More than Honey“). Bienen sind Lebewesen und keine Schaufel Kies oder Zement, die man beliebig mixt. Nur wenn die Vitalität und Sammelbereitschaft eines Volkes nicht mehr sichgerstellt ist, wird es mit anderen vereinigt. Das setzt aber voraus, dass man die Schwächung des Volkes nicht von vorne herein billigend in Kauf genommen hat (Maximierung des Honigertrages).
Somit kommen bei uns honigertragsoptimierende Pressingmethoden nicht zum Einsatz, bei denen die Gefahr der Mangelversorgung besteht.
Bei solchen Methoden wird der Brutbereich der Bienenvölker so eingeengt, dass kein oder nur noch extrem wenig Honig und/oder Pollen um das Brutnest permanent bevorratet werden kann. Kommt es zu Kälte- oder Regenperioden, können die Völker ihren aktuellen Bedarf nicht mehr decken und können auch nicht mehr auf Vorräte zurückgreifen. Das führt zu Stress und Mangel in der Versorgung von Bienenvölkern. Etwas was mit einem guten Tierwohl nicht vereinbar ist.
Was wir akzeptieren solange wir keine befriedigende bessere Lösung gefunden haben:
die Verhinderung von Schwärmen.
Das Schwärmen der Bienen ist ein essentieller Akt im Jahresablauf eines natürlich lebenden Bienenvolkes. In der Natur ist es auch so angelegt, dass nur ein Teil der Schwärme wirklich überleben wird. Nicht jeder Schwarm findet auch in der Wildnis eine dauerhaft geeignete Wohnung. In unserer ausgeräumten Kulturlandschaft ist dieses Problem jedoch eklatant. Würden wir die Bienen schwärmen lassen (sich natürlich vermehren lassen) dann würden noch viel mehr der Schwärme keine schützende Höhle finden und würden sterben. Aus Sicht des Imkers, der die Bienen als Nutztiere hält, würden schwärmende Völker oder zur Schwarmverhinderung geteilte Bienenvölker keinen oder nur sehr wenig Honigüberschuss erbringen. Damit wäre aus unserer Erfahrung das Ziel, dem Imker ein Einkommen zu ermöglichen, nicht mehr gegeben. Das könnte man evtl. mit deutlich höheren Honigpreisen ausgleichen. Aber es würde dann auch die Anzahl der Bienenvölker im Betrieb stetig wachsen, was nur durch ein Beseitigen (Auflösen) von anderen Völkern verhindert werden kann. Das halten wir in dieser Systhematik für nicht akzeptabel.
Entnahme von einer Brutwabe mit Bienen von einem starken Bienenvolk zur Erstellung eines neuen Bienenvolkes zum Ausgleich von Verlusten während des Winters und im Jahresverlauf (Ziel 25%). Das entspricht, populär gesprochen, dem Wegnehmen eines Stecklings beim Kaktus.
Drohnenbrutentnahme und damit Vernichtung der männlichen Bienenbrut zur Reduzierung des Varroabefalls
um den Bienen Erleichterung zu verschaffen. Die Varroamilbe vermehrt sich mehr als doppelt so schnell in der Drohnenbrut als in der Arbeiterinnenbrut und bedroht das Überleben des Volkes. Wir sind auf gutem Weg, unsere Behandlung gegen die Varroa so organisiert zu haben, dass wir zumindest zum Teil drauf verzichten können und arbeiten weiter daran das zu verbessern.
Verwendung des Absperrgitters um der Königin den Zutritt zum Honigbereich zu verwehren.
Aus unserer Sicht eine kleine Einschränkung für die Königin aber dafür ein Gewinn für das Honigaroma. So können wir den Honig aus unbebrüteten Waben gewinnen.
Womit wir in der Einschätzung noch ringen und die ethische Bewertung für uns noch nicht abschließend beurteilen können. Von daher kommt dies bei uns aktuell nicht als Standardmethode zur Anwendung:
Die Entnahme und Vernichtung der kompletten Bienenbrut im Spätsommer
als standardisierte Maßnahme zur Bekämpfung der Varroamilbe, dem tödlichen Parasiten der Biene. Es gibt u.E. Mittel zur Behandlung, die im Regelfall keinen solch massiven Eingriff in das Bienenvolk benötigen, aber auch nicht wirklich unproblematisch für die Bienen sind. Letztlich schadet die Brutentnahme dem Fortbestand des Bienenvolkes nicht, auch wenn sein Lebensplan eine gravierende Störung erfährt.
Was auch zur Ethik in der Imkerei gehört…
ist die Voraussetzung, dass man mit einer im Familienbetrieb geführten Imkerei den Lebensunterhalt der Familie erwirtschaften kann.
Dass man nicht durch ein massives Schneller, Mehr und Billiger dazu gezwungen wird, die ethischen Grundsätze im Umgang mit Mensch und Tier (Bienen) über Bord zu werfen.
Mitarbeitern zu beschäftigen, die selber sachkundig im Umgang mit Bienen sind
oder falls diese es nicht sind, sie den sachkundigen Mitarbeitern nur zuarbeiten bzw. unter sachkundiger Aufsicht Eingriffe ins Bienenvolk nach Anweisung durchführen zu lassen.
Ausbeutung von Mitarbeitern und Selbstausbeutung sind keine gangbaren Wege.
Das wird weitergeführt und noch vervollständigt.